Jedermann Reloaded (Teil zwei)
Wie wir in der letzten Sendung versprochen haben, gibts diesmal den zweiten Teil von Jedermann Reloaded gut zu hören. Philipp Hochmair & Die Elektrohand Gottes haben das altehrwürdige Stück des Hugo von Hofmannsthal in eine sehr zeitgemäße Fassung gebracht und neben zahlreichen furiosen Liveauftritten nun auch als Studioalbum aufgenommen. Dessen Länge von eineinviertel Stunden hat uns zur Zweiteilung dieses “ganzen Albums” bewogen, und so beginnen wir diesmal mit derselben Tischgesellschaft, mit der die vorherige Sendung (hier nachzuhören) endete. Und wir begleiten das Sterben des reichen Mannes vom ersten Gewahrwerden des nahenden Todes bis zu seinem unvermeidlichen Ende. Irgendwer ruft: “Jedermann, deine Tage sind gezählt…”
Philipp Hochmair verkörpert bei dieser Reloaded-Version sämtliche Rollen selbst und interpretiert den (fast) unredigierten Originaltext in kongenialer Zusammenarbeit mit den entfesselten Klangkünstlern der Elektrohand Gottes als einen derart dichten Monolog, dem wir sogleich das Prädikat “Kopfkino” zuerkennen. Denn noch nie war der Jedermann deutlicher und zugleich freier aufzufassen als in der Gestalt dieses fulminösen Hörtheaters. Da gab es bislang nur eine (sehr freie) Nachdichtung, die das von vielen als gar zu christlich-konservativ erlebte Mysterienspiel radikal entstaubte und aus seinem historischen Kontext in die Gegenwart der Globalfinanz schmiss, nämlich “Ein Jedermann” von Felix Mitterer. Den ursprünglichen Text jedoch beizubehalten und ihn dabei so darzustellen, dass er auch vom katholischen Diktat abweichende Interpretationen zulässt, das gelingt diesem Jedermann-Reloaded-Projekt auf ganz beeindruckende Weise. Oder? Jedenfalls in unseren Ohren ist das der Fall, und es ist auch bestimmt sinnvoll, sich in weiterer Folge eigene Gedanken dazu zu erlauben…
Die nächste Erscheinungsform des postpsychedelischen Spektakels wird jetzt am 24. und 25. Oktober (jeweils um 19:30 Uhr im großen Festspielhaus) ans Licht kommen: Jedermann Reloaded Symphonic zusammen mit der Philharmonie Salzburg und der Chefdirigentin Elisabeth Fuchs. Für den Termin am 24. Oktober (Zusatzvorstellung) sind derzeit noch Eintrittskarten erhältlich. Die Fotos zu unseren Artikeln (sofern nicht anders vermerkt) stammen aus der Galerie der Projekthomepage und wurden uns von Heike Blenk zur Verfügung gestellt. Der Jedermann (ein fester Festspielflash) wird uns auch im nächsten Jahr heimsuchen, da feiert das Establishment seine hundertste Wiederkehr am Domplatz. Und wenn wir nicht gestorben sind, dann verabschieden wir die Frau Präsidentin geräuschvoll in den Ruhestand. Wer anderen auf die Hose klopft – aber seht es euch selbst an.
PS. Im Anhang noch zwei Bilder: Das Cover des von uns gespielten Albums sowie Philipp Hochmair und Elisabeth Fuchs bei der Vorbereitung.
Ähnliche Beiträge
- Was geht ab auf Lampedusa aus der Sendereihe „artarium“ 14.07.2024 | Radiofabrik
- Poesie und Widerstand (Perlentaucher CLXIV) aus der Sendereihe „Nachtfahrt Perlentaucher“ 13.07.2024 | Radiofabrik
- Lampedusacollage aus der Sendereihe „artarium“ 08.07.2024 | Radiofabrik
- Ein paradoxes Album aus der Sendereihe „artarium“ 16.06.2024 | Radiofabrik
- Das angewandte Paradoxon (Perlentaucher CLXIII) aus der Sendereihe „Nachtfahrt Perlentaucher“ 15.06.2024 | Radiofabrik
- Karl Marx? aus der Sendereihe „artarium“ 07.06.2024 | Radiofabrik
- Meine Pfingstfestspiele aus der Sendereihe „artarium“ 19.05.2024 | Radiofabrik
- Hinter den Spiegel (Perlentaucher CLXII) aus der Sendereihe „Nachtfahrt Perlentaucher“ 11.05.2024 | Radiofabrik
- Menschen bei Nacht (Lyrik & Musik) aus der Sendereihe „artarium“ 05.05.2024 | Radiofabrik
- The Spirit carries on (Perlentaucher CLXI) aus der Sendereihe „Nachtfahrt Perlentaucher“ 20.04.2024 | Radiofabrik